Der 26,5-Meter-Kutter

 



Geschichten zur Geschichte der 26,5 Meter Seitenfänger der Sassnitzer Fischerei


Die 26,5 Meter Fischkutter haben in 60 Jahren Fischereigeschichte in der DDR Geschrieben


Kapitän Franz Plaep, Kapitän Wolfgang Henkel, Kapitän Jürgen Burwitz und die Maschinisten Heinrich Schwarzlose

und Eddy Drzymotta im Gespräch mit Rolf Zamponi vom Hamburger Abendblatt  (Foto: Pfaffe)


  

Im Spätherbst 2017 kam es zu einen Gespräch zwischen dem Redakteur und den ehemaligen Kollegen des Fischkombinates Sassnitz. Zamponi hatte im Hamburger Binnenhafen den Ex DDR Seitenfänger "Pottwal" entdeckt und wollte mehr über den Kutter und die Sassnitzer Fischerei erfahren. Es kam zu einem spannenden Gespräch, welches die Geschichte lebendig werden ließ. Hier ein Teil des Beitrags von Rolf Zamponi:

Nach 56 Stunden schläft Kapitän Plaep im Steuerhaus des "Pottwals" ein. Solange haben sie ohne Pause gefischt, haben Netz für Netz aus der Reling auf ihren Hochseekutter gezogen. Auf der Brücke kann er nicht mehr weitermachen. Er geht nach unten in seine Kammer. Der Steuermann löst ihn ab. Sechs Stunden später steht er wieder am Steuer. Die Jagd geht unablässig weiter. Fangen, schlachten, verarbeiten. 

Ihre Besatzungen haben auf der Nordsee Windstärke 10 ausgehalten, haben erlebt wenn Sturzseen von hinten über den Aufbau des Kutters rauschten und das Schiff und sie zu ertränken drohten. Haben staunend und ein wenig stolz festgestellt, wie sich ihr Kutter wieder aufrichtete. Einmal  ist Kapitän Plaep auf dem Eis ausgerutscht und hat sich den Schädel aufgeschlagen. "Das haben sie dann in Norwegen schön genäht", wiegelt er heute ab."Und hübsche Krankenschwestern hatten sie dort auch".

Sie sind bei Minusgraden gefahren, wenn die See es nicht zuließ, warmes Essen zu kochen oder wenigsten eine Kanne Kaffee oder Tee. Wenn die Finger beim Schlachten so klamm wurden, dass man sie nicht mehr spürte und beim Abschlagen der Dorschköpfe mit dem Fleischerbeil ganze Fingerkuppen verloren gingen. "Die Fischerei war unser Leben", sagt Plaep auch für alle anderen.

Auf engsten Raum sind im Aufbau des 26,5 Meter langen Kutters acht Kojen untergebracht. Kapitän und Steuermann schlafen in einer Kajüte im Etagenbett, nebenan Maschinist und Maschinenassistent und der Rest der Besatzung muss sich in der Messe vier Kojen teilen, neben dem Tisch, an dem gegessen wird. Eng bleibt es. "Aber die Schiffe waren damals eine Revolution", sagt Wolfgang Henckel, der als Kapitän viele Kutter der Serie steuerte. Der Grund für seine Einschätzung ist einfach. Niemand muss bei Sturm mehr über Deck laufen  und sich bei schlechten Wetter an längsseits gespannten Strecktauen festklammern. "Bei kleineren Kuttern mussten die Matrosen dagegen in einem Verschlag vor dem Mast am Bug leben", sagt Burwitz. Bei schwerer See wurde alles dicht gemacht, Nässe und Kälte konnten viel besser draußen gehalten werden.

Die Fischer der DDR sind Ende der 50er-, Anfang er 1960er Jahre eine besondere Gruppe im Land. Um die 100 Kutter, vor allem die großen der 26,5-Meter-Serie, machen sich auf, um durch den Nord-Ostsee-Kanal in die Nordsee zu gelangen. Sie sollen Devisen einfahren und die Bevölkerung versorgen. Kapitäne wie Burwitz und Henckel verdienen zu DDR Zeiten bis zu 2000 Mark monatlich. Genau wie überall in der Fischerei erhalten die Besatzungen Fangprämie, die zusätzlich motivieren sollen. Die Gehälter waren der Hauptgrund, zur Fischerei zu gehen. Dennoch: Fischen gehörte damals und auch heute noch zu den gefährlichsten Berufen der Welt. 

Die Arbeit auf den Seitenfängern ist ein Knochenjob. Erst von Ende der 1960-er Jahre an kommen Netzaufholwinden an Bord, welche die Mannschaften entlasten. " Weil man nicht mehr anpacken musste und sich nun geruhsam zurücklehnen konnte, haben wir die Anlage OMA getauft", erinnert sich Henckel.

Mit der Wende jedoch kommt der Einschnitt. Die Treuhand wickelt das Fischkombinat Sassnitz ab und verkauft die Kutter. 

Aufgeschrieben am 29.1.2024

(Gekürzte Fassung. Trotz Bemühungen war der vollständige Artikel nicht zu bekommen)

  

Tuckpartie(SAS 309 und SAS 303) beim Schleppen (ganz schwach zu sehen die Abstandsleine)

 

 

 

 

SAS 303 beim Hieven

 

SAS 303 beim Beuteln

 

 

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SAS 274 "HAVEL" auf Seelachsfang in der Nordsee

 

SAS 274 in Egersund/Norw. April 1974

 

Die Flotte in Egersund

Seelachs (auch Blauer genannt) 

 

Seelachs. Auf der rechten Seite etwas schwer zu erkennen ein kleiner Dornhai

 

Foto:M.Lange

Fischer rechts an der Rutsche, bitte melde Dich!

Du fuhrst als Steuermann und ich glaub, man nannte Dich "Sandmann"

und wohntest in Sachsen!

 

Ganze Besatzung steht für mehr als 30 Stunden an der Rutsche zum Schlachten

 

 

Am Ende der Rutsche wurde der "Blaue" geköpft, nach Größe sortiert und gewaschen. Durch das 

"Mannloch" (kleine, runde Öffnung im Deck) gelangt er dann in den Laderaum, wird in Kisten verfüllt und 

mit mehreren Schaufeln Eis versehen. 

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Fischerei im Winter

 

 

Foto: Kapitän Josef Günther

 

Foto: Kapitän Josef Günther

 

 

 

Der Winter 1962/63 brachte für die Besatzungen der Kutterflotte eine erneute Bewährungsprobe. Nachdem

die Ostsee und ihre Zugänge so zugefroren waren, dass eine Durchfahrt für die Kutter aus der Nordsee nicht

mehr möglich war, mußte ein großer Teil der Schiffe in den schwedischen Hafen Göteborg verlagert werden.

Dieser Hafen und das Skagerrak blieben eisfrei. Der von den Kuttern gelöschte Fisch gelangte per Eisenbahn

und Fährschiff in die DDR. Ein Teil wurde in den schwedischen Kühlhäusern zwischengelagert. Die ungewöhn-

liche Eissituation führte dazu, dass die kleinen Fahrzeuge für ihre Besatzungen über ein viertel Jahr lang zum

2. Zuhause wurden.

(aus "Heimathafen Sassnitz" von Georg Haasler)

 

Foto:Keilhack

 

Foto:Keilhack

 

Foto:Keilhack

 

 

Die Flotte in Egersund/Norwegen

 

Winter 1970

Heimreise für 20 Kutter nur mit Eisbrecher möglich. Von Skagen, durch den Großen Belt bis Sassnitz

ging es nur "schleppend" vorwärts.

 

Foto: Wittig Archiv Kröger

Sassnitz im Eis

 

Foto:Gert Erler

 

Foto:Sammlung Fritz Peters

 

Foto:Gert Erler

 

Foto:Gert Erler

 

Foto:Gert Erler

 

Foto:Gert Erler

 

Foto:Gert Erler

Foto:Gert Erler

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Unter diesen LINK kann man sich kleine Videos zum Thema anschauen: https://vimeo.com/246594259

                                                                                                     htpps://vimeo.com/247485861

                                                                                                     https://vimeo.com/246678888

 

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Netzsondenkabel wird angeschlagen

 

Grundschleppnetzfischerei (26,5-Meter-Kutter)

 

 

Vorraussetzung: Schiff mit Stb.-Seite in Luv drehen, damit Netz abtreibt. Scherbretter

hängen am vorderem und achtersten David außenbords, natürlich an der Kurrleine 

angeschäkelt.

       1. Steert mit Beiholer über Bord, und bis zum Grundtau wegsetzen

       2. Grundtau mit Ketten bestückt ins Wasser lassen

       3. Dann Kopftau mit Kugeln bis an die Spitzen wegfieren.

       4. Spitzengewichte am Grundtau vorne und achtern einschäkeln

       5. Beiholer an vorderer Spitze einschäkeln

       6. Als nächstes das Vorgeschirr wegfieren (Hahnepoten und Achterleinen, vorne und achtern)

       7. Achterleinen an Drahtstander der Scherbretter anschäkeln. Dannach die beiden Faullenzer

           einschäkeln.

       8. Es wird langsam Fahrt vorraus ein Kreis über Stb. gefahren bis das Kopftau mit Kugeln

           aufschwimmt. (Geschirr steif holen, gleichzeitig Kontrolle ob das Netz klar ist)

       9. Wenn der Schleppkurs erreicht ist, wird zunächst das vorderste Brett bis Höhe Brücke

            weggefiert. Die Fahrt wird langsam erhöht. Wenn das Brett ausschert, wird das achtere

            Scherbrett ca. 15-20 Meter weggefiert. Schert das Brett auch aus, wird die Drehzahl

            der Hauptmaschine erhöht und beide Bretter werden gleichzeitig bis zur angegebenen

            Meterzahl steif weggefiert. (je nach Wassertiefe)

      10. Wenn die entsprechenden Meter abgetrommelt sind, wird achtern das Hakentau über

            die achterste Kurrleine gebracht und die vorderste Kurrleine wird eingehakt und über den

            Spillkopf der Winch bis zum Sliphaken gehievt.

      11. Der Sliphaken wird dann geschlossen und gesichert. Die Tätigkeit mit dem Hakentau ist

            eine unangenehme und gefährliche Arbeit, da man das steif gehievte Hakentau im Rücken

            hat. (besonders bei schwerer See)

      12. Als nächstes wird das Schiff langsam auf Schleppgeschwindigkeit gebracht.

      13. Dann wird der Abstand der Kurrleine (1 Meter vom Sliphaken zum Wasser hin) gemessen.

            Dieses Maß multipliziert man mit der Meterzahl der gefierten Kurleine.

      Beispiel: Man mißt 20 cm zwischen vorderer und achterner Kurrleine. Bei 100 Meter gefierter

      Kurrleine würden die Bretter dann 20 Meter auseinander laufen. Entsprechend wird multipliziert.

      Bei 400 Meter Kurrleine und 15 cm gemessenen Abstand zwischen den Kurrleinen würden die 

      Scherbretter dann 60 Meter auseinander laufen. Für den richtigen Abstand der beiden Scher-

      bretter gab es eine Tabelle. Stimmte der Abstand grundsätzlich nicht, mußten die Drahtstander

      an den Scherbrettern verändert werden, oder die Kurrleinen mußten an den Bügeln der Scher-

      brettern in ein anderes Loch geschäkelt werden.

 

      Anmerkung: Da ich das letzte Mal vor 30 Jahren ein Grundschleppnetz ausgesetzt habe,

      übernehme ich keine 100%-ige Garantie für die Richtigkeit.

 

      Grimmen, den 16.11.17

 

      S.Manthey

 

 

Scherbretter klar zum "Wegsetzen"

      

Besatzung beim Verarbeiten

 

 

       

Grundschleppnetz

 

Der Fisch wird unter den Tuckpartnern geteilt. Mittels Beiholer wird der Steert zum Partner gehievt.

 

 

 

Steert wird in Fischhocke entleert

 

Hering. Auf dem Lukendeckel liegt ein leerer Übergabesteert. Auf Grund der vielen Fässer, soll der Fang

bestimmt gesalzen bzw. gekräutert werden. 

 

Kutter beim Beuteln (Netz leeren) Video-bitte anklicken!       https://vimeo.com/246679787

 

Hering satt!

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Pelagische Fischerei

 

Bericht folgt demnächst!

 

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Holz für den Garagenbau

 

 

Wir lagen wegen starken Sturmes bei Gotland vor Anker. In der Nacht musste ein KÜMO seine Decksladung

(gebündeltes Schnittholz) kappen und so kam es, dass wir beim Verlassen des Ankerplatzes in Richtung Fang-

platz einen riesigen Holzstapel vorraus sichteten. Ein Besatzungsmitglied erinnerte sich, dass er eine Garage

bauen wollte und wir begannen diesen Stapel als Baumaterial zu bergen. Wir waren jung und flexibel- damals

schon- obwohl diese Eigenschaft erst nach der Wende von uns gefordert wurde. Da das Wetter immer noch

schlecht war, wurde diese Aktion nicht einfach, zumal der Stapel nach dem Hieven nicht ruhig am Haken hing.

Wir haben es aber geschafft, obwohl es gefährlich aussah. Zu Hause angekommen, musste wohl die Reederei

des KÜMOs erst gefragt werden, ob sie den Stapel wieder haben möchten. Aber scheinbar wollte der Reeder

die Rückführungskosten sparen und so kam es, dass ich auf meinen Lohnstreifen 3,40 Mark der DDR mehr hatte.

Ob daraus nun eine Garage wurde, weiß ich nicht mehr so genau. Gefunden habe ich nie wieder etwas auf See.

 

 

Geschafft!

 

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Schlepper SAS 320

 

SAS 317 im Schlepp nach Helgoland

 

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"Zwergwal" auf großer Fahrt

 

Kanarische Inseln

 

Im Hafen von Beira

 

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Kuttereinsatz in Mauretanien

 

An der MS "Lichtenhagen" hat ein Rostocker Supertrawlwer (Volkswerft Stralsund) festgemacht und ist 

dabei Frostpakete mit Fisch zu übergeben. Rechts davon liegt ein Rostocker Zubringertrawlwer der Peenewerft.

26-Meter -Kutter "Sägehai" übernimmt von der "Lichtenhagen" Öl. Beide Fotos entstanden 1982/83.

 

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Essen und Trinken war für einen Seemann das Wichtigste

 

Auf jedem Schiff, ob groß, ob klein, einer muss der Smutje sein!

 

 

Das Ende einer Reise war schon wieder der Beginn einer neuen Reise, denn es musste eine Bestellliste für die Schiffsversorgung erstellt werden. Bei uns an Bord war es der Maschinist Max, der  gemeinsam mit dem Koch die lange Liste durchackerte. Aber auch die restlichen Besatzungsmitglieder brachten ihre Vorschläge für das tägliche Essen mit ein. Wenn ich mich richtig erinnere, stand pro Person und Tag ein Verpflegungssatz von 7,50 Mark zur Verfügung. Dieser Satz war ausreichend, gab es doch jeden Tag Fleisch auf dem Mittagstisch. Natürlich wurde auch Fisch in allen Variationen zubereitet, aber Fleisch war gefragter. Wir konnten auch Konserven wie Ananas, Erdbeeren, Pilze und Mandarinen auf der großen Bestellliste finden. Der Renner war aber die ungarische Salami und so manchmal ging sie kontrolliert  von Bord mit nach Hause.  Jeder kam einmal in den Genuss. Beim Bestellen musste man sehr aufpassen, denn wir hatten eine miserable Kühlung in der Kombüse. Vor dem Verzehr des Fleisches musste man es vorher mit Essigwasser abwaschen und auch das Brot sah nach einer Woche nicht gerade appetitlich  aus. Das Brot lag ohne Kühlung Sommer wie Winter in einem Art Schrank auf dem Oberdeck. Zum Glück waren die rKutterreisen nicht so lang, aber 10 Tage kamen oft zusammen. Die hygienischen Kontrollen, wenn der Kutter im Hafen lag, waren immer sehr streng, aber nie wurde dieses (bekannte) Thema angesprochen. Der Koch musste auch schon mal eine Strafe zahlen, wenn der Fußboden nicht sauber genug war. Dass man Schimmel vom Brot entfernen musste,  wurde unter den Tisch gekehrt.  Ein großes Wunder, dass da Keiner krank geworden ist!

 

 

Irgendwie gelang die Liste in die Abteilung Schiffsversorgung, die alle Wünsche zusammenstellte. Die Crew holte dann vor dem Auslaufen alles ab.Mit einer Dieselameise wurde dann die Bestellung zum Kutter gebracht. An Bord wurden die zahlreichen Behältnisse in die Kombüse verfrachtet, damit der Koch sie dann in Ruhe verstauen konnte. Das Bier wurde grundsätzlich in die 8 Koje gestapelt oder an die Crew verteilt, denn Kästen hatten keinen Platz an Bord. Da Bier vom Verpflegungsgeld abgerechnet wurde, hatte wohl jeder nur 10 oder 12 Flaschen zum persönlichen Verbrauch zur Verfügung.

Grundsätzlich wurde zu den Mahlzeiten gekocht bzw. vorbereitet. Ein Nachtessen, wie auf dem Großschiff, gab es nicht. Wer Hunger hatte, ging in die Kombüse und versorgte sich selbst. Der Koch musste - wie alle anderen auch - an Deck seine Arbeit verrichten. Er konnte nach getaner Decksarbeit etwas früher sein Ölhemd ausziehen und das Essen auf die Back (Tisch) stellen. Bevor die Teller auf den Tisch kamen wurde erst einmal ein Bettlaken auf die Back gelegt und ordentlich nass gemacht. Normalerweise gibt es auf Seeschiffen sogenannte Schlingerleisten, aber die gab es auf dem Kutter nicht.  So war ein ruhiges Essen oftmals Glückssache. Warme Gerichte wurden mit einem Kohleofen gekocht. Auch stand ein zweiflammiger Elektroherd zur Verfügung.

 

 

Kohlen wurden vom Oberdeck in einen Schacht geschüttet, der mit einem Deckel fest verschlossen werden musste. Einmal hat die Landabteilung  vergessen, den Deckel richtig zu verschließen. So wurden bei einem Sturm die Kohlen im Schacht durchgespült. Der Koch hat sich über diese Schusseligkeit sehr “ gefreut “, denn er hatte den ganzen Dreck auf seinen Fliesen. Der Kohleofen wurde mit einem in Diesel getränkten Lappen zum „Laufen“ gebracht. Jedes Mal sprangen nach der kleinen Explosion die Ofenringe etwas in die Luft und eine dicke Rauchwolke kam oben aus dem Schornstein. Für den Diesel stand immer eine kleine Kanne in der Ecke und Putzlappen lieferte der Maschinenraum. Mit dem Kohleofen konnte man allerhand anstellen. So mancher Koch hat dort Brötchen und Kuchen gebacken. Bei Seegang war das Kochen besonders angenehm, wenn alles durcheinander flog und die Kochdünste nicht nach draußen gelangen konnten, da man alles sicher verschließen musste. Die Kombüse auf einem 26- Meter- Kutter war Achtern und bei Sturm war da  ganz schön Betrieb.  Irgendwie stand aber immer Essen auf der Back. Wenn einmal irgendetwas fehlte, musste man improvisieren oder mit anderen Kuttern tauschen bzw. betteln gehen. Deswegen waren die Verpflegungslisten sehr wichtig und ein kluger Koch hat sie nie allein ausgefüllt. Auch musste man etwas kalkulieren. Überzog man das Verpflegungsgeld, wurde der Betrag vom Lohn abgezogen. Schon deshalb habe ich nie die Bestelllisten allein ausgefüllt.

Unter diesem LINK kann man sich anschauen, wie heute, aber auch früher, ein Päckchen Kaffee ganz seemännisch übergeben wurde.

 

Video-bitte anklicken!     https://vimeo.com/248782134

 

...aber auch mit Bier wurde ausgeholfen. Hier versorgt ein KTS einen Kutter mit Bier.

 

Unser Kapitän hat immer gesagt, dass Kartoffeln, Fett und Eier ausreichend an Bord sein müssen, dann hat man immer eine Mahlzeit.  Recht hatte er!  Einmal war es für uns peinlich, als wir durch den Nord-Ostsee- Kanal „durften“ und der Lotse zum Frühstück und Mittag Eier essen musste, da wir nichts  Anderes mehr hatten. Wir kamen aus dem englischen Kanal und waren völlig „abgebrannt“. Fisch konnten wir auch nicht anbieten, denn dieser lag gesalzen im Fass. Ich kann mich noch gut erinnern, dass ich im Hafen von  Plymouth (England) beim Löschen fremder Schiffe gehofft habe, dass eine Kiste runter fällt. Auf diese Art und Weise habe ich eine Mahlzeit Rosenkohl ergattert. Wir hatten natürlich über einen Makler eine Bestellung über Lebensmittel aufgegeben, nur  dauerte es sehr lange bis zur Auslieferung. Zu meiner Entschuldigung muss ich sagen, dass ich nicht der Einzige war, der beim Entladen der Schiffe den Daumen gedrückt hatte. Nur waren die Anderen wirklich arme Schweine, die sich so ernähren mussten - und dies war ihr täglicher Kampf. 

 

Die Flotte im Hafen von Plymouth/England

 

Ich kann mich gut erinnern, dass wir mit diesen bedürftigen Menschen „Schund-Literatur“ gegen Essen getauscht haben. An Bord wurde dann die westliche Literatur regelrecht unter der Crew getauscht und kurz vor dem Hafen, unter strengster Kontrolle, dem Meer übergeben. So manchem tränten die Augen, aber bei einer Kontrolle hätte es Ärger gegeben. Bevor wir die bunten Zeitschriften dem Meer übergaben, wurden erst einmal die leicht bekleideten Frauen ausgeschnitten, damit wir unsere Bilderrahmen in der Mannschaftskammer wieder aktualisieren konnten. Für diese Arbeit war ein Crew-Mitglied zuständig, welches  diese Arbeit zu unserer Freude sehr ernst genommen hatte. Nachschub für die „Wechselrahmen“ kam aber auch aus dem „Magazin“ der DDR.

 

Die legendären "Wechselrahmen"

 

Ich hatte eine Angewohnheit, die ich bis heute beibehalten habe. Ist der Abend noch so lang geworden, in der Küche wird abgewaschen und das Geschirr weggestellt. Auf See war dies besonders wichtig, denn das Wetter konnte plötzlich umschlagen und alles geht zu Bruch. Günstig waren bei schlechtem Wetter Rouladen, denn sie rollten immer so schön in der großen Pfanne herum. Bei Sturm gelang auch immer Eintopf im hohen, großen Topf auf dem Kohleherd. Bei Spiegeleiern war schon Erfahrung wichtig.  So manches Ei war vorher in der Hosentasche bevor es in der Pfanne landete. Auch die Sonderwünsche des Kapitäns wurden bei Sturm erfüllt -  den Teller vorher anzuwärmen und die Spiegeleier von beiden Seiten zu braten. Ich kenne einen Matrosen, der hatte zum Frühstück ein Omelette von 8 Eiern gegessen, dazu noch ein paar Löffel von der berühmten Vielfruchtmarmelade. Immer auf dem Tisch stand ein Teller mit Jagdwurst, feiner Teewurst und Blutwurst aus Thüringen. Ein Problem waren Speisen aus Milch. Da ich immer über Berlin nach Sassnitz fuhr, kaufte ich mir vorher auf dem Bahnhof diese H-Milch und konnte so die „Jungs“ mit ordentlichem  Pudding verwöhnen. H- Milch gab es zu meiner Zeit nur in Berlin. Ansonsten wurden Milchspeisen mit Kondensmilch aus Dosen gekocht. Auf keinen Fall dürfen wir das Getränk gegen den Durst „Kujambel „ vergessen. Eine Alu-Kanne stand fast auf jedem Kutter irgendwo herum, in der Wasser mit grünem Sirup (Waldmeister) vermischt wurde. Ich kann mich nicht erinnern, dass je Limo aus Flaschen an Bord getrunken wurde. Ein Hauptgetränk war noch Bohnenkaffee, der in sogenannten „Mitropa“ -Tassen schwarz aufgebrüht wurde. Der Kaffee für Zwischendurch kam privat aus der goldbraunen First Class Dose aus dem Transitschrank des Steuermannes. Ich kann mich gut erinnern, dass mich der Maschinist oft zu einer Tasse Kaffee in seine Kammer eingeladen hatte.

 

 

 

Seeleute sind sehr kritisch gegenüber dem Koch, weil das Essen an Bord sehr wichtig ist und die Laune hoch hält. Der Koch bekam für seine oftmals zusätzliche Arbeit etwas vom Fangwert vergütet. Wenn ich zusätzlich schreibe, dann meine ich die Zeit, in der unser Koch in der Kombüse am Herd stand,  während der Rest der Crew in der Koje lag. Aber die Crew hat sehr oft geholfen.  So musste auch mal der Kapitän auf der Brücke Kartoffeln schälen, was er gern tat, denn er war es, der in der Nacht , wenn alle an Deck standen,  in die Kombüse schlich und in die Töpfe guckte bzw. darin mit seinen Taschenmesser herum stachelte.

 

Die Kombüse wird gereinigt!

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Egersund/Norwegen

 

 

Egersund ist eine Stadt in Südnorwegen mit 7500 Einwohnern und gehört zum Fylke Rogaland. Die Stadt feierte 2008 seinen 210.Geburtstag. Es ist eine kleine Stadt, die von Inseln und Schären umgeben ist. Die Häuser im Stadtkern gehören zu den besterhaltensten Holzhausvierteln Norwegens.

Das Wetter auf See war besonders in den Wintermonaten schlecht und die Fischerei konnte oft nicht durchgeführt werden. Die Flotte suchte dann  Landschutz und fuhr in den norwegischen Hafen  Egersund. Sofort änderte das örtliche Kino sein Programm und es wurden Filme in deutscher Sprache gespielt. 

 

Ansonsten sahen die Norweger alle Filme mit Untertitel. Das die Sassnitzer Flotte im Hafen fest gemacht hatte, sprach sich schnell in dieser Gegend rum, denn die Nachfrage nach Schnaps stieg sprunghaft an. In Norwegen gab es damals nur begrenzt Alkohol und wenn, dann mit sehr wenig Prozente. Wenn dein Kutter direkt an der Pier lag, musstest Du mit einem aufdringlichen Käufer sogar in der Kammer rechnen.

In einem ausländischen Hafen konnten die Sassnitzer Fischer einen festgelegten Tagessatz in der jeweiligen Landeswährung, als Bewegungsgeld, beanspruchen. Es wurde vom Makler ausgezahlt und anschließend von den Devisen abgezogen. Da blieb dann von den Devisen nicht viel übrig und so nahm man auch keine Kronen auf. Leider war man nun gezwungen, alkoholische Getränke und Rauchwaren an den Mann zu bringen, denn man wollte ja ins Kino oder eine Karte nach Hause schreiben. So mancher klebte auf die Ansichtskarte keine Briefmarke und zahlte zu Hause dann die Strafgebühren in DDR- Währung.

Einmal habe ich erlebt, wie der Zoll (Schwarze Gang) begann, die Kutter zu filzen. Da der Zoll  ja berühmt war jedes Versteck zu kennen, flog so manche Flasche WBS durch das Bulleye ins Hafenbecken oder man versteckte die wertvolle „Fracht“ schnell an Land. Das Geschäft mit dem Alkohol war schon einträglich, wenn man bedenkt, dass ich mir für eine Flasche WBS  einen Nylonanorak kaufen konnte, die es zur damaligen Zeit in der DDR noch nicht  in dieser Qualität gab. Der Renner, was man gern mit nach Hause nahm, waren die Clogs ( Holzschuhe ), Norweger-Pullover und man glaubt es kaum Feuerzeuge in Pistolenform.

Sassnitzer Kutter liegen im "Paket". Wenn man an der Pier lag, hatten es die Besatzungen gut.

Die Anderen hatten ganz schön zu klettern, um auf ihren Kutter zu kommen.

 

Auf Reede FT"Ostsee"

 

Für mich waren die Landgänge immer hoch interessant, leider haben wir von der herrlichen, norwegischen Landschaft nicht viel gesehen. Kontakte  zu den Norwegern gab es auch so gut wie keine. Ich hatte so das Gefühl, dass die Leute etwas verunsichert waren, weil sie mit dem geteilten Deutschland nicht so ganz klar kamen. Ich kann mich nur an ein Eishockeyspiel mit norwegischen Jugendlichen erinnern, dass wir in Gummistiefeln Haus hoch verloren haben. Während meiner Fahrenszeit  waren wir oft in Egersund und es war jedes Mal ein schönes Erlebnis.

 

 

Matrose auf dem Antennenmast

 

Pönen

 

 

SAS 320 "Sternhai" beim Hieven (Foto:Erler)

 

 

Steert schwimmt auf (Foto:Erler)

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Freizeit und Kultur während der Fischerei

 

 

Auf den Kuttern, mit denen ich gefahren bin, gab es  keine direkte Freizeitbeschäftigung

wie z.B. auf Großschiffen, wo man Teppiche knüpfen oder mit Leder beschäftigen konnte.  

In der wenigen Freizeit die es auf Kuttern gab, lag man meist in der Koje und schlief.

Neben Essen und Arbeit an Deck gab es nichts weiter. Es lag zum größten Teil daran, dass man auf

einem Kutter keinen Schichtdienst fahren konnte und man nie wusste was der nächste Hol bringen

wird bzw. ob man für 3 Stunden oder 8 Stunden Fisch  an Deck hat. Natürlich wurde in einem Hafen

auch mal Doppelkopf  gespielt oder man saß gemütlich zusammen. Aber während der Fischerei

versuchte man so oft wie möglich sich auszuruhen. Meine längste Arbeitszeit an Deck betrug 36

Stunden am Stück. Ich habe mich oft gefragt, wie es der „Alte“ (Kapitän) der oft allein auf der Brücke

stand dies so lange aushalten konnte.

Als es dann in der DDR auch kleinere  Fernseher gab, wie z.B  „JUNOST“, zogen

auch TV Geräte Einzug in die Kammern. Aber es gab Probleme mit dem Empfang. Wenn der Kurs

wechselte, wurde das Bild auch schlecht. 

Deshalb saß immer einer am  Bullei und wenn das Bild schlecht wurde, drehte der einfach am

Antennenstab.

Da die Schweden zum Beispiel ihre Filme oft mit Untertiteln versahen, konnte man so auch mal einen

deutschen Film erhaschen. Später, als die Technik moderner wurde, gab es sogenannte Pilzantennen,

die für bessere und stabile Bildqualität sorgten.

 

 

 

 

So manches Seetier gelang so an die Wohnzimmerwand oder in den Schaukasten

 

"Seespinne"

 

Seeigel

 

"Sonnendeck"

 

Lutz Schuch schickte uns zum Thema folgende Geschichte:

1984 machte ich meine zweite Lehrlingsfahrt auf SAS 319 „Riesenhai“ Die Fahrt ging nach Lysekil in Schweden, wo wir Hering von den schwedischen Fischern übernahmen. Diese wurden dann  an Bord der Sassnitzer Kutter gesalzen, gekräutert und ins Fass gebracht.

Mehrere Sassnitzer Kutter fuhren nach Lysekil.  Auf einigen von ihnen waren ebenfalls Lehrlingskollegen aus meiner damaligen Klasse VMH 1a.

Tagsüber waren wir mit Arbeit voll ausgelastet. Was sollten wir jedoch am Feierabend machen?

Auf einem Sassnitzer Kutter (leider weiß ich nicht mehr, welcher es war), gab es einen netten Kapitän, der uns Lehrlingen (ich glaube, wir waren 4 oder 5) ins Steuerhaus ließ, sodass wir mit Schwatzen und Cola trinken unseren Feierabend verbrachten.

Natürlich schauten wir auch sehr interessiert den Leuten und vor allem den jungen Damen auf der Pier hinterher. Ich weiß noch, dass beide  Überfahrten (hin und zurück) von viel Wind und Wellen begleitet wurden, sodass sogar altgediente Matrosen die Seekrankheit bekamen. Mir ging es übrigens genauso.

Lutz

 

 

Reise, Reise aufstehen, nach alter Seemannsweise!
 Der erste stößt den zweiten an, der zweite stößt den dritten an,

der letzte stößt sich selber an. Lüft auf das Gatt, schwingt hoch das Bein, ein jeder will der erste sein!
 Reise, Reise, der Fisch ruft!"

 

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Foto: Neumann Archiv Kröger

Beim Hieven

 

Foto: Wittig Archiv Kröger

Hieven mit der Netztrommel

 

Foto: Wittig Archiv Kröger

Wegsetzen auf konventionelle Art

 

 

 

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Hackerkarte

 

Quelle: Rainer Godglück

 

Jeder Fangplatz hatte eine Hackerkarte. Solch eine Karte wurde gemeinsam durch die 

Kutterbesatzungen erstellt. Durch diese Karte konnte man Netzschäden bzw. Totalverluste 

etwas vermeiden, denn man wurde vor großen Steinen oder Schiffswracks gewarnt.

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Foto:Sammlung Fritz Peters

SAS 308 "Blaurobbe"

 

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