Storys und Seemannsgarn
Anfang Juli 2018 habe ich den ehemaligen Hochseefischer und Maschinisten Klaus Ö. in seiner
„Seniorenresidenz“ besucht.
Natürlich klönten wir über alte Zeiten, die um so schöner werden, je länger sie zurückliegen.
Klaus erzählte mir folgende lustige Begebenheiten:
"Im Eiswinter Anfang der 60 ziger Jahre lag die ganze Flotte vor Sassnitz im Eis fest.
Das Eis war so dick, dass man über die Ostsee laufen konnte. „Ich kam auf die Idee, meinen Kumpel
auf einem anderen Kutter zu besuchen und machte mich mit einer Flasche WBS in der Jacke auf
den Weg übers Eis. Rechtzeitig trat ich den Rückweg an, aber die Dunkelheit überraschte mich
dennoch und ich fand meinen Kutter nicht mehr. Also blieb ich die Nacht über auf dem Kutter von
meinem Kumpel und schlief meinen Rausch aus, denn ein Tiefkühlschlaf auf dem Eis schien mir nicht
die Lösung zu sein. Als es hell wurde, stellte ich fest, dass ich meinen Kutter nie gefunden hätte, denn
er war etwas abgetrieben. Irgendwie hatte er sich mittels einer großen Eisscholle selbstständig
gemacht und lag nicht mehr an seiner alten Stelle.
Als wir einmal in Bergen (Norwegen) wegen schlechten Wetters mit unseren 26-Meter-Kutter im
Hafen lagen, war das Interesse der Norweger an deutschen Schnaps so groß, dass die Käufer
den Kopf in das Bullauge steckten. Da wir nicht mehr so viele Flaschen hatten, verkauften
wir den Fusel für 5 Kronen das Gläschen aus dem runden Schiffsfenster heraus, was den Kapitän
sehr erzürnte und er zu toben begann.
In einem anderen Hafen wollten wir schlauer sein und versteckten 5 Flaschen WBS in der
Lenzpumpe, die wir vorsorglich aufgemacht hatten. Irgendwie hatte der Maschinen Assi
die Nerven verloren, da die schwarze Gang alle Verstecke kannte und stellte die Lenzpumpe
an.
Somit war die ganze Aktion umsonst gewesen und der Kollege brauchte keine Angst mehr zu haben.
Ja, so war es damals.
Ein Besuch auf einen Russen-Trawler
Im Skagerak tobte wieder einmal die Hölle.
Selbst die Russen - Trawler suchten Schutz in Skagen.
So lag alles eng im Päckchen, und wir hatten mit unserem 24 Metern längsseits eines
Russen - Trawlers Platz gefunden.
Was lag nahe, noch dazu vor dem Hintergrund, das die „Sowjets“ damals unsere „Klassen-Brüder“
waren, sie am Abend zu besuchen.
Am nächsten Tag, wir hatten noch dringend Netzarbeiten zu erledigen – besser im Hafen als
auf See, sah ich unseren Steuermann auf einem Salzfass hockend und mit Gesten und Mimik um
Nachsicht betteln – ein einziges Häufchen Unglück, und zu keiner Tätigkeit fähig.
Kurz darauf ging ein Schott auf der Brücke vom Trawler auf und ein Russe rief, nachdem er
unseren Steuermann erkannt hatte: „ komm Chheinz, lass uns trinken, Wodka ist schon verdünnt,
nur noch 70%“.
Durch den Körper unseres Steuermann´s ging ein Schütteln, welches selbst das volle Salzfass, auf dem
er saß, bedenklich zum wackeln brachte.
Was haben die nur für ein Teufelszeug gesoffen.
Verfasser: bx1
Ein etwas peinliches Anlegemanöver
Als ich bei der Hochseefischerei als „3%iger“ meine erste Reise machte,
fragte ich, meiner damaligen Version von der Seefahrt geschuldet, ob das mit
dem Glas Rum pro Tag denn wahr wäre.
Mein damaliger Steuermann sagte: „klar, du hast Anspruch auf 50cl pro Tag“, und
stellte mir gleich eine ganze Flasche auf die Back.
Das komische war, es wollte keiner mithalten.
Ich hatte in der Folge dann schnell begriffen warum das auf See so war – Aussetzen, hiev up,
Aussetzen, Fisch verarbeiten, Netze flicken, hiev up ….. da machte ein schwerer Schädel nicht
gerade Freude, mal abgesehen von der Sicherheit.
Also wurde dies Procedere in der Regel auf die Häfen, mitunter, bei „voll Schiff“ auch schon mal
auf die Zeit der Heimfahrt kurz vorm Ziel gelegt.
Ich hatte einen Kapitän, der fuhr mit dem 24m Kutter Anlegemanöver vom feinsten - böse Zungen behaupteten, besonders rasant wenn er das „voll Schiff“ schon begonnen hatte zu feiern.
Mit relativ hoher Geschwindigkeit auf die Pier zu, Ruder gelegt, voll zurück, „Leinen über“ und wir
waren fest.
Nun trank er Unmengen von Kaffee, natürlich mit den Auswirkungen auf die damit verstärkte
Harnproduktion.
So auch diesmal.
Mit caracho mit Steuerbord angelegt, raus aus dem Ruderhaus in die Nock und sich erleichtert.
Dabei machte er einen peinlichen Fehler.
Er muss geglaubt haben, mit Backbord angelegt zuhaben, und die Steuerbordseite sei wasserseitig.
Sie war aber pierseitig – und da standen die Angehörigen der einlaufenden Kutter mit ihren Kindern
zur Begrüßung bereit.
Verfasser: bx1
Es lag mal wieder eine Reise in die Nordsee an, und hier in die Gegend vom Fladengrund.
Als wir um Skagen in den Skagerak einliefen, sollten wir einen Reiseabschnitt erleben,
dessen „Dramatik“ ich unter eigentlich erwachsenen und sturmerprobten Menschen nicht für
möglich gehalten hätte – aber wir waren eben auch alle, mehr oder weniger befahrene Seeleute,
die einen gewissen Aberglauben nicht eindeutig ausräumen konnten.
Irgend einer von uns fühlte sich von einem immer wiederkehrendem „boing“ Geräusch
im Schlaf gestört.
Er fragte, ob es anderen auch aufgefallen wäre.
Nun kennen wir ja die „Herzlichkeit und Bereitwilligkeit“ des „fahrenden Volkes“ in scheinbar
gefahrlosen Situationen Ratschläge, Erklärungen oder Verhaltensregeln zu erteilen.
So auch hier.
Einer kam auf die grandiose Idee und meinte unbedacht ( wohlgemerkt unter Seeleuten !) :
„das wird wohl der Klabautermann sein..“
Rumps!
Natürlich kam sofort hier und da der strenge Hinweis „Leute damit spaßt man nicht!“
Aber die Aufmerksamkeit war erst einmal geweckt.
Und siehe da, plötzlich hörten alle, einschließlich Kapitän dieses „boing“ klar und deutlich.
Zudem wurde festgestellt, es kam kontinuierlich in genauen Zeitabständen, war abends weg,
begann wieder irgend wann am nächsten Tag.
Alle kontrollierten Alles, an Deck in den Lasten, im Maschinenraum.....
Kapitän ließ aufstoppen, Maschine aus, totale Stille an Bord – es machte „boing“ !
Vom Tuckpartner kam die Frage,“ was ist los, habt ihr ein Problem“ - wer erzählt schon
anderen von einem eventuellen Klabautermann an Bord.
Wir fanden echt keine plausible „nicht spirituelle“ Lösung.
Und somit ging die Phantasie mit uns durch -
„ich habe das Klabautermännchen bei einer Sturmfahrt vorn im Ölzeug mit typischem Südwester
auf dem Steuerbordpoller hockend gesehen – im nächsten Hafen fiel ein Crewmitglied von der Gangway und ertrank (eine wahre finale Begebenheit).
Hier wagte schon keiner mehr zu widersprechen.
„ haben die uns Minen an die Bordwand geklebt, oder haben wir uns eine eingefangen...“
Der „kalte Krieg“ war ja zu diesen Zeiten im vollen Gange.
„ Leute , die wäre längst hoch gegangen“ – eigentlich plausibel.
Zusammengefasst, wir waren alle mehr oder weniger gestresst und hätten Gras wachsen hören.
Es kam wieder ein Morgen, es wurde hell – inzwischen sahen wir im Westen die englisch-schottische
Küste – und da sahen wir im Fernglas einen Haufen „Krieger“ fahren. Hinter einigen kamen in
regelmäßigen Abständen gewaltige Fontänen hoch.
Die haben Wasserbomben ( wahrscheinlich auf russische U-Boote) geworfen.
Akustik ist eine Disziplin der Physik – der Rumpf eines 26,5 m Kutters ein idealer Resonanzkörper.
Bx1
Da Namen der Beteiligten tabu sind, wäre es schön, wenn man sich erinnert und eventuell meldet.
Verfasser: bx1
Meine dritte Reise als Leichtmatrose auf SAS 273
Es war ein schöner Frühlingstag im Mai 1968. Ich kann mich nicht mehr genau erinnern, mit wem ich an
diesem Tag am Nachmittag in Sassnitz unterwegs gewesen bin. Am Abend jedenfalls sollte die Reise
losgehen.
Wir haben dort ein Bierchen getrunken und dort einen Schnack gemacht. Irgendwann sind wir an einer
HO oder einem Konsum vorbei gekommen. Dort habe ich mir eine große Tüte mit Schornsteinfegern
(Masse aus Zucker,Schaum und Gummi) gekauft. Gegen 17 Uhr legten wir mit dem Kutter ab. Wie
gehabt, Zoll, und dann raus auf See.
Ich war für die erste Ruderwache eingeteilt. Nach einer guten halben Stunde hat sich der Kapitän, mit
Order immer auf Kurs zu bleiben, zu einem Kaffee zurückgezogen. Ich hatte nichts Besseres zu tun und
stellte die Tüte mit den Schornsteinfegern auf den Kompass. Mir ist dabei entgangen, dass 2 Tuckpartien
zu dieser Zeit den Hafen verlassen haben.
Vor mir ein Kutter, und ich hinterher. Nach einer dreiviertel Stunde kam der Alte auf die Brücke
zurück, blickte sich um und bemerkte, was sein Rudergänger angerichtet hatte. Ich bin leider dem
falschen Kutter gefolgt. Der Kapitän nahm die Tüte mit meinen "Glücks-Schornsteinfegern" wutentbrannt
und warf sie über Bord.
Bis auf ein paar ernste und ermahnende Worte war die Sache für den Kapitän Gott sei Dank erledigt. Seit
dieser Zeit sind Schornsteinfeger für mich keine "Glücksbringer" mehr.
Michael Dorst (verst.16.3.2015)
Bei einer Tuckpartie, die zum Fangplatz dampfte, war es üblich, dass ein Kutter dem anderen folgte. Ich
hatte das Ruder übernommen und konnte die Lichter des Tuckpartners gut erkennen und einfach folgen.
Für mich als Rudergänger war es nun sehr einfach, brauchte nicht nach Kompass steuern. Plötzlich
bekam ich einen Schreck, denn voraus war alles dunkel, kein Toplicht, nichts mehr vom "Dornhai"
zu sehen.
Sofort rief ich den Kapitän auf die Brücke und nach einiger Zeit hatten wir Funkverbindung mit unseren
Tuckpartner. Was war passiert:
Der Tuckpartner hatte totalen Stromausfall. Dieser konnte aber schnell behoben werden und wir
konnten unsere Fahrt fortsetzen.
M.L.
Der Jungmann mit dem Luftkoffer
(Sorgen vor dem ersten Auslaufen von Karl-Heinz Voß)
Meine erste Reise als Jungmann auf dem 26,5-m-Kutter "Schwertwal" begann am 31.Juli 1967, ich war noch 16 J.. 6 bis 7 Tuckpartien liegen als Überlieger, wegen Ausfall der Eisproduktion, im Hafen. Am Tag ist keiner von der Besatzung an Bord, von den Reparaturschlossern erfahre ich, Auslaufen ist 20:00 Uhr. Meinen neuen, bunt karierten Luftkoffer mit meinen persönlichen Sachen und den Netzbeutel mit dem Ölzeug lasse ich schon an Bord. Weit vor 19:00 Uhr bin ich wieder im Hafen - aber wieder keiner an Bord. Die sind alle im Seemannsheim, erfahre ich. Das Seemannsheim ist voller Fischer dieser Tuckpartien. Es ist laut, die Fenster sind auf, vor Qualm müsste man Nebelsignal geben. Da noch Zeit ist, esse ich ein Hamburger Schnitzel und trinke eine tolle Fassbrause dazu. Auf einmal steht einer auf und grölt lauthals: " Eh, ihr faulen Säcke, wollt ihr nicht auf See?", es beginnt ein hektisches Bezahlen. Ich bin sofort von dieser Hektik angesteckt, lasse mein Essen stehen, vergesse das Bezahlen und schließe mich der Schlange (ca.40 Seeleute), die sich auf den Schlängelweg zum Kombinat macht, an.
Es geht alles sehr schnell, überall hört man das Starten der Jockel und Hauptmaschinen, man sieht die schwarzen Rauchfahnen dazu. Zum Ausklarieren setzen sich die Kutter nach und nach Richtung Zollpier in Bewegung, der Hafen leert sich schnell. Nur der "Schwertwal" und der "Blauwal" bleiben liegen. Ich gehe zum Dispatcher, der ruft Kapitän R. an und niest ihn gleich zusammen. Weil der Maschinist auf einer Familienfeier ist, wurde das Auslaufen für 22:00 Uhr angesetzt. Ich gehe wieder den Berg hoch zum Seemannsheim, bei der Kellnerin Eva ist aber alles bezahlt, es gibt keine offenen Tische.
Kurz vor 22:00 Uhr sind beide Besatzungen dann vollzählig. Ich erlebe zum ersten Mal - mit sehr gemischten Gefühlen-live das Verlassen der DDR. Es geht erstmal nach Rostock zum Eisbunkern, ein lauer Sommerabend und Windstille erzeugen eine romantische Stimmung. Nach kurzem Aufklaren an Deck geht es ins Logis, Koje beziehen und persönliche Sachen verstauen. Jetzt kommt mein toller Luftkoffer ins Spiel, der sich aber nirgendwo verstauen lässt. Jeder hat dazu gute Ratschläge, aber mein Koffer passt nirgendwo rein und ist immer im Weg. Der Maschinist nimmt sich dann meiner an und findet eine Lösung. Unter dem Niedergang zum Ruderhaus räumt er alle Seestiefel raus, zwängt den Koffer in die Ecke und lässt mich dann die Seestiefel wieder davor in diese Ecke stopfen, eine ganz elegante Lösung.
Vor Warnemünde nimmt unser Kutter einen Lotsen an Bord und ich muss zu meiner ersten Ruderwache. Starkregen, Dunst und dann im Seekanal. Ich kann kaum durch die Klarsichtscheibe gucken und der"Kompass" spielt verrückt. Der Lotse sagt schon nach kurzer Zeit:"So geit dat nich"!, ein erfahrenerRudergänger muss her und so bringe ich alles durcheinander und habe damit gleich neue Freunde gewonnen.
In Marienehe müssen die Sassnitzer Kutter erst einmal warten, die Rostocker Logger werden bevorzugt mit Eis beladen und so kommt unsere Partie nicht zu spät.
Dann wird auf Hering östlich von Bornholm getuckt. Der Fang besteht aus großen Quallen, nochmals großen Quallen, Hering aller Größen, großen Dorschen und Lachs. Die Quallen machen uns fertig und es gibt wohl kein Rezept dagegen. Es ist weiterhin sehr schönes Sommerwetter und es wird hauptsächlich nachts gefischt. Man kann denken, man ist in einer Großstadt, denn eine Vielzahl dänischer und schwedischer Kutter sind wie die Wilden mit ihren Lachsangeln zugange, dazu sind in der ferne die Lichter Bornholms zu sehen.
Nach einer Woche sind wir "Voll Schiff" in aller Frühe wieder in Sassnitz. Ich hole meinen Luftkoffer aus dem Versteck, der jetzt den arteigenen Geruch angenommen hat, und zu meinen persönlichen Sachen kommt noch ein großer - in Zeitungspapier eingewickelter - Lachs. Als Steuermann fuhr Burkhard K., der mich mit seiner BK mit nach Bergen nahm, und wieder gab es auf dem Motorrad mit dem Luftkoffer Probleme. Um 7:30 Uhr stand ich bei meinen Eltern vor der Tür. der neue Koffer musste erstmal draußen bleiben. Meine Mutter sagte nur:" Jung, wer soll diesen groden Fisch upäten"? (Froster gab es ja nicht so viele)
In der Freizeit wurde dann erstmal eine richtige Reisetasche gekauft.
Ein unfreiwilliger Freundschaftsbesuch
Man schrieb das Jahr 1973, Mitte August. Wir befanden uns mit unerer Frostbeule "Silver Pit"
südwestlich von Spitzbergen und sammelten mit dem Bombergeschirr die schwarzen Butte
vom Grund des Nordmeers auf.
Unerwartet, nach ca.einer Woche, wurde unser Dampfer krank - er hatte Schüttelfrost. Essbe-
stecke, und Geschirr begaben sich auf der Back auf Wanderschaft und die Blöcke und Stage an
Deck fingen an quälend zu singen. Unser Kapitän war nicht mehr der Jüngste, aber reich an Erfahrung.
Er sagte: "Schiet, wir haben was in der Schraube". Das hatten wir eigentlich alle, doch diesmal war
der Schiffspropeller gemeint. Eigenreparatur fiel aus und so wurde beschlossen, zu unseren russischen
Freunden nach Barensburg auf Spitzbergen zu "humpeln". Wetter und Sicht waren gut und so kam auch
bald die Küste in Sicht. Trotzdem dauerte es noch eine ganze Weile, bis wir in den Fjord einliefen, da die
Berge auf Spitzbergen bis zu 1700 m hoch sind und daher sehr weit sichtbar. Endlich kam dann auch
das von mir erhoffte Städtchen in Sicht und meine Erwartungen wurden schlagartig zu Nichte gemacht.
Das von mir erhoffte Städtchen entpuppte sich als häßliches Kaff mit einen großen Gebäude, etliche
Baracken und einer Pier, die wohl gerade einen Bombenangriff überstanden hatte. Das Ganze wurde von
einen Kilometer langen Stacheldrahtzaun umgeben. Wahrscheinlich um die Eisbären am Eindringen zu
hindern, denn nach Westen kam von hier offensichtlich keiner weg. Ein Schönheitspunkt konnte jedoch
vergeben werden - alles wurde mitten im Sommer von einer zwei Meter hohen Schneedecke verborgen.
Eigentlich kein Wunder, denn vom 18sten Breitengrad bis zum Nordpol ist es nicht mehr weit. Nicht im
Schnee versteckt war ein an die Felswände- mit wohl zehn Meter hohen eisernen russischen Buchstaben
befestigter Schriftzug. Da stand:" Der Kommunismus siegt" (oder so ähnlich) Genau weiß ich das nicht,
da ich in der Schule zu faul russisch zu lernen. Aber jeden Fall wusste ich jetzt aber- hier sind wir richtig.
Wir hatten den Frosttrawler noch nicht richtig fest gemacht, da wurden wir schon von unseren Ge-
nossen gestürmt. Das Bild erinnerte mich an den Film "Meuterei auf der Bounty", als diese eine Insel
in der Südsee anlief. Nur kamen hier die Leute nicht mit Obst und Gemüse, sondern hatten in jeder
Tasche eine Wodkaflasche. Trotz des Ansturms wurde aber nicht vergessen, warum wir nach Barenburg
gekommen waren, und so ging dann auch einer mit mittelalterlicher Ausrüstung auf Tauchstation. Nach
ein paar Minuten allgemeinen Stierens aufs Wasser kam der Taucher - mit einen großen Stück Netz -
wieder hoch. Unsere Schiffsschraube hatte sich damit zugedeckt - ihr war bestimmt kalt.
Nun war der Schaden behoben und das musste gefeiert werden. Wer wollte, konnte sich an Land die
Beine vertreten. Dies war einfacher gesagt als getan, denn es lag nicht nur Schnee - es war noch
arschkalt. Die wenigsten hatten Winterkleidung mit und so gelang das Schaulaufen nur in kleinen
Gruppen. Die Models wechselten, aber die Klamotten - bis hin zu den Schuhen- waren immer die
gleichen.
Inzwischen war es Abend geworden und jemand lallte mir zu, dass in den großen Gebäude heute Kino
wäre. Um die Zeit tot zu schlagen, beschloss ich dorthin zu gehen. Ich konnte auch noch zwei Kollegen
überzeugen mich zu begleiten. Wir bereuten den Entschluss nicht. Es wurde ein Trickfilm gezeigt, wie
Kosaken Fußball lernten und dann zur Weltmeisterschaft nach Deutschland, Frankreich und England
reisten. Natürlich haben die überall mit Witz und Schläue gewonnen. Doch es war so gut und glaubhaft
im Film gezeigt worden, dass wir mit Tränen in den Augen lachend fast unter den Bänken lagen. Allein
für diesen Film hatte sich der Besuch hier gelohnt.
Wieder an Bord zurück mussten wir feststellen, dass die große Feier wohl kurz vor dem Höhepunkt
stand. Da ich keine Lust hatte daran teilzunehmen, ging ich in meine Kammer, kroch in die Koje und
betrieb ein bisschen Augenpflege.
Morgens, etwa ein Uhr, wurde ich von unseren Ersten mit den Worten "Komm auf die Brücke" geweckt.
ich stand auf, zog mich an und ging hoch zur Brücke. Auf dem Weg nach oben erkannte ich, warum
ich von einem Offizier geweckt wurde. In jeder Ecke lag einer der Besatzung im seeligen Wodkarausch
und schnarchte. "Der Heilbutt ruft - wir laufen aus"! " Jo, okay" sagte ich, zog mich warm an und
machte mich auf die Leinen los zu schmeißen. Die Pier war menschenleer, die sowjetischen Genossen
hatten sich alle verdrückt. Wahrscheinlich war ihnen nach dem Wodka unser "Weinblattsiegel" nicht
bekommen. Ohne weiter Hilfe kamen wir los und liefen aus. Ich musste als Ausguck Posten beziehen
und I. steuerte uns aus dem Fjord. Draußen angekommen bemerkten wir, dass Neptun inzwischen
das Nordmeer mit seinen Dreizack mächtig in Bwegung gebracht hatte. Bestimmt hatte er Streit mit
seiner Frau. Je weiter wir uns von der Küste entfernten, umso höher wurden die Wellen. Bald ging uns
der Autopilot mit seinen ständigen Geklingel auf den Keks und I. befahl mir das Ruder zu übernehmen.
Viel Übung hatte ich bis Dato nicht und es dauerte ein paar Minuten, bis ich den Trawler im Griff hatte.
Dann aber surften wir mit bis zu 14 Knoten und achterlicher See zum Fangplatz und hatten unseren
Spaß. Ich war glücklich und so etwas wie ein Machtgefühl über das Schiff und die See überkam mich.
Damals entstand der brennende Wunsch, selbst mal ein Schiff zu führen. Über einige Umwege, wenn
auch nicht mehr bei der Fischerei, wurde der Wunsch war.
(Erinnerungen von Klaus-Dieter Holz)
Wie kam ich, ein Thüringer, zur Hochseefischerei?
Rückbesinnung von Manfred Rössel
Während er 8.Klasse fragte uns der Klassenlehrer, was jeder gern werden möchte. Ich sagte, dass
ich zu ich zur See fahren würde. Da bekam ich die Information, dass in der nächsten Woche in der
Kreisstadt eine INFO Vernastaltung ist. Die Leute vom Fischkombinat Sassnitz zeigten zeigten
einen Film über die Arbeit als Hochseefischer und gaben noch weitere Informationen. Das alles
hörte sich sehr interessant an und jetzt war ich ganz sicher, dass das der richtige beruf für mich
war.
Mit meinen Eltern ging es mit dem Zug nach Sassnitz. Dabei habe ich Lutz W. und seinen Vater
kennengelernt.
Es war am Morgen und in der Unterkunft noch keiner da. Wir stellten die Koffer ab und gingen
zum Hafen. Oben auf der Hafentreppe stehend habe ich zum ersten Mal den Geruch des Meeres
wahrgenommen. Im Hafen tuckerten die Motoren einiger Kutter der Küstenfischer. Es war ein
fantastischer Augenblick, den ich nie vergessen werde.
Nun ging es aber erst wieder in die POS 2 zur Schule.(Fischerklasse) Ich wollte aber raus aufs Meer!
So hieß es erst mal wieder lernen. Z.B. wie man Netze knüpft oder wie man mit dem Steuerrad
und Kompass umgeht. Beide waren auf einem Drehschemel angebracht, um das Schiff zu
imitieren. Opa Ruschau höre ich heute noch sagen:" Jungens, ihr müsst bee(ö)ten üben"!
Aber das tollste war der Kochlehrgang! Es gab immer lecker Essen! Ich koche heute noch gern.
Die Wochenenden verbrachten wir oft in der Kneipe, da es bis nach Hause zu weit war. Manchmal
verdienten wir auch ein paar Mark beim Kistennageln. Neues Geld für die Kneipe.
Endlich meine erste Fahrt auf dem Kutter!
Mann,war mir schlecht! Solche Sprüche wie "Jungs, wenn so ein brauner Ring kommt, den musste
da wieder runterschlucken, das ist das Arschloch" fand ich gar nicht witzig. Doch das ging vorbei.
Auch den Geruch der Dieselheizung im Niedergang habe ich mich gewöhnt und ich konnte die
Reise genießen. Es ging in die Nordsee. Vorbei an Kopenhagen nach Egersund, Eis übernehmen,
fantastisch die Fahrt in den Fjorden.
Ein anderes Mal, bei Gotland, überraschte uns der Sturm und wir suchten Schutz im Hafen von
Slite. Nicht nur wir, alle Kutter, die dort in der Nähe fischten. War ein imposantes Bild, die vielen
Kutter - wie an einer Perlenschnur - in den kleinen Hafen.
In Nexö mussten wir leider mit dem Steuermann zum Arzt. er war beim Netzwegsetzen in eine
Leine getreten und ha sich den Fuß an der Rehling geklemmt.
Meine Lehre und die Monate danach waren mit die schönste Zeit meines Lebens. Gern hätte ich
den Beruf weiter ausgeübt, aber es sollte nicht sein.
In den sechziger Jahren lernten 3 Klassen in sog. Fischerklassen den Beruf eines Hochseefischers.
Man besuchte die die 9 und 10 Klasse in der OS II Sassnitz und einmal in der Woche ging es
in die Berufsschule des Fischkombinates nach Dwasieden.
Die Klassenleiterin der Fischerklasse (1965-68) Frau Müller erinnert sich:
"Faustdick hinter den Ohren"
Als Klassenleiterin hat man natürlich immer ein besonderes Verhältnis zu seinen Schülern.
Stolz war ich auf meine Jungs - mit 14 Jahren weit weg von zu Hause - haben sie ihre
Sache so gut gemacht. Haben gelernt und gebüffelt, das Heimweh weggesteckt, sich auch vor
der Arbeit nicht gedrückt.
Nur die Uniform - die Uniform haben sie gehasst.
Trug man sie, musste man sich benehmen, musste Vorbild sein, ob man wollte oder nicht.
So war es nur natürlich, dass man ab und an auch mal ausbrechen wollte aus der Norm.
Was kam da besser, als ein offen stehendes Fenster am Haus der Klassenleiterin?
Und dann noch Winter! Und dann auch noch Schnee!
Der Schneeball war gut gezielt und verpasste nur um wenig die gerade am Ofen stehende
Frau Müller. Die am nächsten Tag so gar nichts sagte und auch sonst den Vorfall nicht
erwähnte. So war der Spaß nur halb. Man hätte doch zu gern gewusst, ob Frau Müller
sich nicht wenigstens ein kleines bisschen geärgert hatte.
Frau Müller erinnert sich noch an folgende Episode:
Die Fischerklasse bestand aus einheimischen Schülern der Insel Rügen und Schülern, die aus
verschiedenen Bezirken der damaligen Republik stammten. So kamen zum Beispiel Schüler aus
Halle, Leipzig und Thüringen, aus dem Erzgebirge und aus dem Großraum Berlin/Potsdam.
Während ihrer Sassnitzer Schulzeit waren die Jungen auch im Internat "Wilhem Thews" in der
Stubbenkammerstraße untergebracht.
Eines tages tauchte bei den Schülern ein besonders scharfes Messer auf, welches große Aufmerksamkeit
auf sich zog und sofort die Runde machte. (ein Messer gehörte als Fischer zur "Ausrüstung)
Seinen Weg beendete es dann im Hinterteil eines Schülers!
Zum Glück war das damalige Krankenhaus nicht weit entfern. Diessem Umstand haben wir es zu verdanken,
dass der "Auserwählte" die Messerattacke schließlich doch gut überstanden hat.
Zusatzbemerkung der Redaktion: Es gab noch einige "Vorkommnisse" und Frau Müller hat so
manch graues Haar durch ihre "Fischerklasse" bekommen.
Als Lehrling des Fischkombinates Sassnitz trug man während des Unterrichts und in der Freizeit
(Landgang) eine Matrosenuniform, wie bei der Volksmarine. Nur trug man diese Uniform ohne
diesen schwarzen Knoten.
Diese Uniform wurde später aber abgelöst durch Hemd bzw. blaue Anzugjacke.
Irgendwann gibt es immer eine letzte Reise
(An Kollegen und seine letzte Reise erinnert sich Dieter Hähnel)
Meine Letzte Reise war im September 2010 auf der "Odra",einem ziehmlich großen Cuxhavener
Trawler vor der Ostküste Grönlands. Wenn ich mich so recht erinnere, war das damals auf ca.
67 oder 68 Grad N, und 800 bis 1000 m Wassertiefe. Gefangen haben wir damals schwarzen
Heilbutt. Mit ca. 500 to sind wir Anfang Oktober in Cuxhafen eingelaufen. Beabsichtigt war jedoch
Reykjavik als Löschhafen anzulaufen.
Daraus wurde jedoch nichts. Dabei hatten wir noch ca. 50 Stück ausgeschlachtete Grundhaie an
der Steuerbord-Seite unter einer Persenning zu liegen. Diese waren für die Isländer bestimmt.
Die essen sowas. Jedenfalls hat das unter der Persenning fürchterlich gestunken (herb nach
Ammoniak).
Aber ebenso wichtig erscheint mir, das ich mich mal an eine Reise erinnere, die ich- lange ist es her-
mit meinen Klassenkameraden zusammen gemacht habe.
Hallo Klaus-Dieter, erinnerst Du Dich noch daran, als Du patschnass in die Vollmatrosenkammer
gekommen bist (das war auf dem "Silver Pit" und wir beide haben diese Kammer zusammen
bewohnt - ich hatte Freiwache und habe geschlafen). Du hattest Dich hinten an der Heckslip nicht
angehakt und bist in den Bach gefallen. Hinterher kam wohl noch der 1.NO G. in die Kammer und hat
Dich zur Schnecke gemacht. Das weiß ich alles noch. Und mit L. habe ich auf diesen Schiff auch
einige Reisen gemacht. Mann, ist daqs alles lange her.
Und Du, Walter wirst Dich wohl sicherlich noch daran erinnern können, wie es uns - kann Oktober
1983 gewesen sein - mit der "Jan Mayen" Ausgang Skagerrak voll erwischt hat und dabei ein
Brückenfenster zu Bruch ging. Du hattest gerade Wache und wurdest dabei gegen den Kühlschrank
geschleudert, der gleich in hunderttausend Stücke zerfiel. Es war so gegen 23:30 Uhr und ich putzte
mir gerade die Zähne, um Dich 20 Minuten später abzulösen. Die ganze Brücke soff ab und wir
mussten zurück nach Sassnitz laufen. Bis in das nächste Jahr hinein sind wir das Wasser nicht
gänzlich losgeworden. Und vieles, was aus Holz war, faulte dann so langsam weg. Jedenfalls hatten
wir mit den Spätfolgen noch lange zu kämpfen. Die Frühjahrs-Heringssaison in der Ostsee über waren
wir beide noch zusammen an Bord der "Jan Mayen". Dann ging ich in Urlaub (Grund: habe geheiratet)
kam aber nicht so ohne weiteres von der Insel runter (Grund: Quarantäne/Maul-und Klauenseuche).
Aber das ist schon wieder eine andere Geschichte.
War`ne tolle Zeit. Keinen Tag möchte ich missen. Und alles würde ich wieder so machen.
Und an Euch alle erinnere ich mich gerne.
Immer Kopf hoch und bleibt mir blos gesund.
Hilfe, Mine an Bord....
(erzählt von Gisbert Koch)
Eines Tages hatten wir ein ungewöhnliches und spannendes Erlebnis.
Ich hatte die Schicht von 00:00 Uhr nachts bis 12:00 Uhr mittags und wir begannen zu hieven.
Die Zeit war so weit fortgeschritten, dass wir nur die Vorbereitungen treffen konnten und der
Hievvorgang von der Folgeschicht abgeschlossen werden musste. Das Hieven dauerte bei diesem
Wetter und den dortigen Wassertiefen in allgemeinen eine Stunde.
Wie üblich gingen wir nach dem Schichtwechsel zum Waschen und dann in die Messe zum Mittag-
essen. Während des Essens bemerkten wir schon, dass sich heute etwas Besonderes anbahnte.
Die Winsch quitschte und ächzte, wie wir es schon lange nicht mehr erlebt hatten.
Nun stieg die Spannung, machten wir heute den Fang des Jahrhunderts?
Wenn viel Fisch war, stieg die Stimmung an Bord sofort an - so war es auch jetzt. Es war weit
nach 13:00 Uhr und vom Steert weit und breit nichts zu sehen. Statt achteraus aufzuschwimmen
hing das Netz zum Bersten gespannt, steil in den Grund.
Die Winde tat ihr Bestes, aber das Netz kam zentimeterweise aus dem Wasser. Weitere Minuten
und sogar Stunden vergingen und Niemand aus unserer Schicht ist schlafen gegangen. Stattdessen
nahmen wir die Plätze der Spätschicht am Abendbrottisch ein und gleichzeitig inspizierten wir
laufend das Hauptdeck mit den Hievarbeiten.
Nun war man etwas weiter. Der Steert war nur noch ca. 5-6 Meter unter der Oberfläche und es
zeigte sich langsam ein dunkler runder Schatten.-Eine Mine-!!!
Unser Schreck war groß und das Lachen war uns schlagartig vergangen! (Nichts mit dem Fang des
Jahrhunderts!!!)
Nach einer Schrecksekunde entschlossen wir uns, das Ungetüm etwas höher zu hieven, um es
besser sehen zu können, was jetzt zu tun sei. Bei näheren Hinsehen kam dabei die Entwarnung.
Jetzt konnten wir erkennen, dass es keine Mine, sondern ein großer Felsbrocken war, welchen
wir, um nicht den Steert zu verlieren, nun an Deck hieven mussten.
Zu unserer Überraschung hatte unser Netz kaum Schaden genommen und konnten, nach dem
wir den Fels wieder mühevoll über die Heckslip entsorgt hatten, nach nur wenigen Reparatur-
arbeiten seiner eigentlichen Aufgabe zugeführt werden, dem Fischen......!
Wie kommt „Richtenberger Korn“ nach Norwegen
( Pressemeldung der 70iger in einer norwegischen Zeitung „ Hvordan kommer Richtenberger Korn til Norge?» )
In Gedenken an einen guten Kameraden, einen hervorragenden Seemann, Maschinisten und Fischer.
Es war wohl meine 4. oder 5. Reise als „3-prozentiger“ auf „ A.Dürer“
Wegen schlechten Wetters bei der Anreise zu den Fanggründen in der Nordsee suchten wir
vorerst Schutz in Flekkefjord.
Nun waren ja damals Jeans recht verpönt in unserer damaligen Republik – wen störte das aber wirklich von uns „Lords“ - wir trugen und beschafften uns diese, bei Bedarf und wenn sich die Gelegenheit dazu bot.
Da nun aber die Jeans die Eigenschaft hatten, auch mistig zu werden, aber / und es eben vergessen
wurde, sie rechtzeitig zur Wäsche abzugeben , war Vorsorge kein Bagatelle - Thema.
Ich, ehemaliger Bewohner des Seemannsheims SAS, kannte mich leider zur Genüge damit aus.
Hatte man also die dreckigen Klamotten nicht zur Wäscherei gegeben, nutzte man in Erkenntnis
dessen die Mittel aus Tagesgeld, und eben dem „Geschenk“ der Bedürftigen für den „Richtenberger“ für eine freundschaftliche, für uns „ Schlampige“ somit letztlich wichtige Transaktion.
Flekkefjort, für mich ein Edelstein der Häfen mit den Fjorden, war also vorerst unser Ziel.
Obwohl der „Nothafen“eigentlich überlaufen war, und somit der Wert für „Richtenberger“ aus
unserer „Schiffsversorgung“ dem Gesetz von Angebot und Nachfrage folgend, niedrig sein sollte,
erzielten wir auf Grund der längeren Abwesenheit von Lieferanten dieser „Spezialität“ bei den norwegischen Genießern dennoch großes Wohlwollen, und damit Aussicht u.a. auf „echte“ Jeans.
Dieser außergewöhnlichen Situation unterlag letztlich auch unser Chief.
Er ging an Land und zeigte etwas schüchtern seine „eiserne“ Reserve.
Gierig, ob einer wohl längeren Abstinenz, probierten die Interessenten sogleich die Ware und mussten
mussten feststellen, das Angebot unterschritt bei weitem selbst die üblichen Prozente bei
norwegischem Bier (Ale) von 2% - also nix „Richtenberger“ , nur Wasser hatte solch einen prozentlosen Geschmack!
Gott sei Dank, oder, der Klabautermann kann einen guten Seemann auch schützen, rettete
sich unser Chief nach vehementer Verfolgung und mit dem heiligen Schwur, dem Schuldigen
„haue ich sein Hemd in Flammen“ an Bord.
Der „Assi“ hatte das Versteck gefunden und wohl gemeint,
eh die Nordmänner sich daran laben,
will ich allein den Genuss davon haben,
und goss mit Wasser auf die Lücke,
wenig zu des Chiefes Glücke.
Viele Jahre später, ich hatte die Hochseefischerei inzwischen mit dem Segeln auf Windjammern
( Alexander von Humboldt, Krusensthern, Sedov usw.) vertauschst, habe ich diese Begebenheit
mit dem deftigen Spruch mal in der Familie erzählt und dabei meine spielende Enkelin übersehen.
Kurz darauf, ich holte die besagte Enkelin mal aus dem Kindergarten ab, fragte mich eine Erzieherin,
was es mit dem Ausspruch der damals 3 Jährigen auf sich habe, wenn sie zu einem, wohl zu ihr etwas aggressiven Mitinsassen sagte:
„ich hau deinen „ Plover in Funken“ (gemeint war der Pullover.... )
Nachdem ich kurz nachgedacht hatte, beruhigte ich die Erzieherin, und sagte ihr mit einem
Schmunzeln, es sei ein alter Seemannsspruch, letztlich mehr zur Abschreckung.
Ich fand meine Enkelin ob ihrer angedeuteten Wehrhaftigkeit ganz in Ordnung – sie hatte
fortan Ruhe vor ihrem „Peiniger“.
Und so bleibt mir mein damaliger Chief, nicht zuletzt wegen dieses Spruches in angenehmer Erinnerung
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Reisen nach Afrika und in meine zweite Heimat (das Nordmeer)
(Erlebnisse von Karl-Heinz Engelbrecht)
Nach über 25 Jahren Fahrenszeit im Fischkombinat Sassnitz, in denen ich alle Stationen vom
Matrose über den Steuermann bis zum Kapitän durchlaufen habe, standen 1990 neue Aufgaben an.
Mit der Auflösung des größten Teils der Sassnitzer Fischereiflotte wurde auch der Hauptteil der
Schiffe verkauft.
So musterte ich am 7.12.1990 auf dem Frischfischfänger "Saarbrücken", der DFFU Cuxhaven, an.
Am 8.12.1990 hieß es dann "Leinen los" in Richtung Fangplatz Dornbank (NE-Grönland).
Windstärke 8-9 und minus 10-15 Grad waren um diese Jahreszeit ein recht gutes Wetter auf diesem
Fangplatz. Wenn das Netz an Deck gehievt wurde, musste ich als 2.Steuermann den Steert so
schnell wie möglich wieder zubinden. Dazu brauchte ich die Hilfe eines Matrosen, da sonst der
Steert an Deck angefroren wäre. Diese Frischfischfänger waren noch bis 1992 in Dienst.
Anfang März 1994 war ich mit beteiligt, zwei 26-m-Kutter nach Jakarta zu überführen, um dort
in einer Gesellschaft, welche von der GTZ unterstützt wurde, zu fischen. Mit an Bord war Klaus
L. aus Rostock, welcher das Patent für die große Fahrt , die Überführung, hatte. Zuerst ging es
durch den Nord-Ostsee-Kanal Richtung englischer Kanal, dann weiter in die Biskaya, welche uns
mit Windstärke 10 empfing. Ordentlich durchgeschüttelt ging die Fahrt weiter durch die Meerenge
von Gibraltar nach Valletta auf Malta. Von hier durchquerten wir später den westlichen Teil des
Mittelmeers, hin zum Suez-Kanal. Durch den Golf von Suez und das Rote Meer erreichten wir
dann Dschibuti, das am Golf von Aden liegt. Hier fischten wir dann bis Ende Dezember, wofür
wir noch heute auf die Entlohnung warten.
Seeräubern sind wir im Golf von Aden, bzw. am Horn von Afrika - Gott sei dank - nicht begegnet.
Später heuerte ich wieder bei der Deutschen Fisch Fang Union Cuxhaven (DFFU) an und machte
das Nordmeer zu meiner zweiten Heimat. Auf Frostschiffen wie FMS "Cuxhaven", "Kiel" und
"Wiesbaden" fischten wir im Nordmeer und vor Ost- bzw. Westgrönland.
Hier erlebte ich auch die härtesten Jahre meiner 38-jährigen Fahrenszeit bei Orkanen und
- 20 Grad.
Meine Zeit als Hochseefischer im Fischkombinat Saßnitz
(Erlebnisse von Hans Stutzer)
Meine schulischen Leistungen waren nicht die Besten und so haben meine Pflegeeltern entschlossen, mich in eine Lehre zu schicken. Sie haben mich bei der Hochseefischerei in Sassnitz zur Lehre angemeldet. Es hatte sich herumgesprochen, dass es gutes Geld bei der Hochseefischerei zu verdienen gab. Also trat ich am 1.September 1960 in Sassnitz meine Hochseefischerlehre an. Mit dem Zug eine kleine Weltreise. Von Gielow, über Rostock nach Saßnitz auf Rügen, war es eine kleine Tages-Reise. Vom Sassnitzer Bahnhof musste man zu Fuß etwa einen Kilometer bis ins Lehrlingheim Dwasiden laufen. Dort wurden wir im Zweibettzimmer untergebracht. Das Heim bestand aus einem Bettenhaus und Küche mit Essenraum, dazwischen eine Baracke als Netzboden. Hier wurde uns das Arbeiten mit und flicken von Netzen beigebracht. Dahinter war das Schulgebäude. Mit Nautikraum im Obergeschoß und weiteren Klassenzimmern. Neben dem Heim war der Sportplatz von Sassnitz. Hier mussten wir des Öfteren unseren Betriebssport absolvieren. Wie es zu DDR Zeiten üblich war, wurden wir in die FDJ und DSF aufgenommen. Unserer Heimleiter war Herr Ehlert.,ein kleiner untersetzter Mann. Er wurde mir von der Jugendfürsorge Bergen als Vormund vorgesetzt. Dadurch wurde ich von den älteren Lehrlingen mit Hänseleien usw. in Ruhe gelassen. Herr Ehlert wohnte auch gleich in einem Nebentrakt des Lehrlingswohnheims mit seiner Familie. Als Jugendfunktionär in der Nazizeit war er deswegen im Zuchthaus. Er war streng aber immer gerecht und hatte ein gutes Ohr für seine Lehrlinge. Mit dem Navigationslehrer haben wir Ringen gelernt. Einmal durfte ich zum Wettkampf nach Stralsund fahren, leider habe ich meinen Ringerkampf verloren. Der Lehrer erzählte uns, dass er mit dem Ringer Werner Seelenbinder, ein Olympiateilnehmer 1936, gerungen und von ihm gelernt hatte. Dann ging ich noch zum Geräteturnen in die Turnhalle der Schule in Dwasieden. Für uns als Lehrlinge war der Navigationsunterricht immer sehr spannend. Wie ich später feststellen musste, haben wir in den Allgemeinfächern den Stoff der neunten und zehnten Klasse durchgenommen. Was mir später in der Volkshochschule 1970-1972 zu gute kam. Unsere erste Heimfahrt war schon zum 7.Oktober( Tag der Republick der DDR). Am 10. Oktober wurden wir auf die Lehrschiffe angeheuert. Es waren die 21 Meter Kutter. Ich glaube, mein erstes Schiff war SAS 209, mit dem Namen "Hamburg". Unsere erste Seereise ging zum Fischen ins Sassnitzer Becken. Später sagten wir dazu Kirchturmfischerei, weil man die Landmarken immer gut zu sehen konnte wie die Kreideküste oder Arkona. Na ja, die Seekrankheit machte uns allen sehr zu schaffen. Es war ja nur See 3 bis 4. Aber später haben wir auch das überstanden. Durch die Schaukelei hatten wir an Land einen „Seemannsgang“. Als ich das erste Mal wieder im Lehrlingheim ankam und einen Erzieher traf, fragte er ob ich betrunken bin, so einen Gang hatte ich! Da wir gerade Heringssaison hatten, wurde an Bord in einer Tonne geräuchert. Es war herrlich so einen frischen Hering zu essen. Später fuhren wir durch den Sund vorbei an Kopenhagen, Helsingoer u und Helsingborg in das Kattegat zum Fischen.
Die Seekrankheit
Als Lehrling (15Jahre alt) fuhr ich auf einem 26 Meter langen Kutter in die Nordsee. Die See war
stürmisch, nach getaner Arbeit kreiste eine Flasche WBS. Da ich von der Arbeit müde war, kroch ich
in meine Koje und schlief schnell ein. In der Nacht überkam mich die Seekrankheit und ich musste
raus, um etwas über die Reling zu spucken. In dem Moment, als ich die schwere Außentür
aufstoßen wollte, holte der Kutter über und ich bekam die Tür nicht mehr auf bzw. mein von der
Seekrankheit geschwächter Körper brachte die Kraft dazu nicht auf. Die Entleerung meines Magens
konnte ich aber nicht mehr steuern und so gelangte der Inhalt an die Tür und beschmutzte diese
arg.
Das Schlimmste: Die Innenseite der Tür hatte solch komischen Rauputz und da konnte alles schön
haften. Ich war körperlich nicht mehr in der Lage, Feudel und Pütz zu holen und schlich mich in
meine Koje. Stunden später wurde ich durch großen Lärm wach. Der kam vom Quergang, wo der
Kapitän einen Matrosen zusammenschiss. Ich hörte, wie er sagte, wenn er keinen Alkohol vertragen
würde, solle er doch nicht so viel trinken. Er befahl ihm, sofort das Schott zu reinigen. So nahm der
Matrose den Lappen zur Hand und putzte die Schiffstür.
Er tat mir sehr leid, aber ich war so kraftlos und feige wie auch heilfroh, dass es einen "Freiwilligen"
gab.
Viele Jahre später gab ein Radiosender seinen Hörern die Gelegenheit, sich öffentlich für eine unge-
sühnte Tat zu entschuldigen. Ich rief an und entschuldigte mich in aller Öffentlichkeit für diese feige
Tat. Leider wird der betroffene Matrose es nicht gehört haben. Oder vielleicht doch?
Sportfest auf See
(teilgenommen hat Jürgen Lorenz)
Auf der Reise zur Georges Bank (SAS 403 Skagerrak) kam der Kapitän auf eine glorreiche Idee ein Sportfest durchzuführen. Die Besatzung hat sich köstlich über diese Idee amüsiert. Auf dem Plan standen Liegestütze und Dart-Werfen. Die gesamte Mannschaft war gespannt, wie es wohl ausgehen wird, wenn der Lange - damit war ich gemeint- Liegestütze macht. Vor allem stand die Frage, wieviel wird er wohl schaffen, das dünne Hemd. Aber ich habe sie eines Besseren belehrt. Ich habe 26 Stück geschafft. Die Zahl konnte keiner überbieten und somit habe ich in dieser Disziplin den 1.Platz belegt.
So habe ich meinen Kumpels gezeigt, was in mir steckt.
Dann ging es weiter. Aber keiner wusste, dass der Kapitän die verrückte Idee hatte, auch noch Kugelstoßen an Deck ausführen zu lassen. Wie soll das gehen, fragte sich die gesamte Mannschaft, wenn dabei die Kugel über Bord fliegt. Kaum waren die Bedenken ausgesprochen, hatte ich auch schon die erste Kugel über Bord geworfen. Ihr könnt euch ja vorstellen, was da für ein Gelächter ausbrach. Alle waren sich einig, das Jürgen keinen zweiten Wurf machen durfte. Somit gingen wir nun zur nächsten Übung an der Dart-Scheibe über. Obwohl ich mit meinen langen Armen im Vorteil war, konnte ich in dieser Disziplin nicht glänzen. Mir fehlte schlicht und einfach das Zielwasser, was es während des des Sportfestes natürlich nicht gab - leider.
Dann wurde das Sportfest unterbrochen, denn es hieß Post holen von einem anderen Schiff. Mein Kumpel Ente und ich stiegen ins Schlauchboot. Wir waren natürlich sehr gespannt, ob auch für uns Post von zu Hause dabei war. Die Freude war groß, denn ich erhielt von meiner Freundin, meiner heutigen Frau Roswitha, einen dicken Brief. Was darin stand, behalte ich für mich. Sicher war nur, mit diesen "Auftrieb" konnte die Reise weiter gehen.
Insgesamt war das ein schönes Ereignis, an das ich mich sehr gerne zurück erinnere.
"Schulausflug" mit SAS 316 "Heringshai"
von Volker Dietze
Moses (Schüler) Volker Dietze
In den Sommerferien 1958 waren wir als Schüler der 10.Klasse der Oberschule Geithain/Sa.
ins Fischkombinat Sassnitz zur Arbeit gefahren und wurden in der "Löschkolonne" eingesetzt.
In den 3 Wochen verdiente ich 153 Mark.
Meinen Freund und mir hat das gefallen und wir fuhren 1959 wieder nach Sassnitz. Diesmal
arbeiteten wir 5 Wochen in der "Rüstkolonne" unter Brigadier Hans L..Diesmal gab es aber
ca.750 Mark. Wir wohnten in einem verlassenen Laden an der Strandpromenade und zahlten
7 Mark. Unsere Aufgabe bestand darin, anhand eines handgeschriebenen Zettels die auslau-
fenden Kutter auszurüsten. (Netze, Kisten, Treibstoff, Eis)
Ein Schüle aus der Nachbarbrigade erzählte mir, dass er eine Reise in die Nordsee macht. Das
hätte ich auch gewollt. Im Verwaltungsgebäude habe ich einige Versuche gemacht, eine Erlaub-
nis zu bekommen. Inzwischen hatte ich aber schon Kapitän M. angesprochen. Ich habe ihn
gebeten, mich auf eine Reise mitzunehmen. Er hat mich gemustert und gesagt:"Wenn Du Dich
bewegst, nehm ich dich mit". Da meine Versuche im Verwaltungsgebäude erfolglos blieben,
wollte ich schon aufgeben. Da begegnete ich den Kombinatsdirektor R. am Eingang. Ich habe
ihn angesprochen, meinen Wunsch dargelegt und er hat mich mit in sein Büro genommen. Im
Vorbeigehen hat er zu einer Vorzimmerdame nur gesagt:" Schreiben sie mal dem jungen Mann
eine Bescheinigung aus, dass er ..........". Das Ganze dauerte höchstens 10 Minuten, einschließ-
lich Unterschrift des Direktors. Mit dieser Bescheinigung war ich bei der Volkspolizei in Bergen.
Gegen eine Gebühr von 1 Mark hatte ich ebenfalls nach ein paar Minuten meine Ausreisege-
nehmigung in der Hand. (V.D. ist berechtigt vom 30.7. bis 30.8. die Seegrenze der DDR über
den Hafen Sassnitz zu verlassen. Diese Bescheinigung berechtigt nicht in fremde Häfen an
Land zu gehen).
SAS 316 war inzwischen wieder in der Nordsee und ich sollte die nächste Reise mitmachen.
Inzwischen besorgte ich mir das Ölzeug. Der Kutter kehrte zurück. Der Bestmann Willi St.
erzählte den anderen Besatzungsmitglieder aus Spaß immer, er hätte mich schon 24 Stunden
vorher auf einem Poller sitzend am Kutter gesehen.
Mit dem Steuermann Martin B. ging ich noch zum Seefahrtsamt, um in die Musterrolle einge-
tragen zu werden. Es war seine erste Reise auf diesen Kutter.
Die Besatzung: Kapitän M., Steuermann Martin B. (Rostock), Bestmann Willi St. (Sassnitz),
Heizer Kurt St. (Rügen), Decksmänner: Erich Sch. (Insel Riems), Peter W. (Halle), Klaus F.
(Güstrow).
Am 10.August, ca 18 Uhr, liefen wir aus. Windstärke 5-6. Die Kisten an Deck waren gesichert.
Die gesamte Besatzung kümmerte sich darum. Kapitän M. übergab mir das Ruder:" Kurs 85
Grad". Ich wußte garnicht was da abging. Er:" Du mußt das Kommando wiederholen. Sonst
kommen wir in Korea raus"! Wer mich am Ruder ablöste, weiß ich nicht mehr. Aber 85 Grad
lagen nicht an.
Gegen 22 Uhr sollte ich mich in die Koje begeben. Tür zum Niedergang aufmachen, die Luft
aus dem Inneren einatmen und sofort fiel mir das Essen aus dem Gesicht. Beim 4.Versuch:
Zähne zusammen gebissen, Tür auf, runter, Toilette auf, hingekniet,....... in die Koje und
sofort eingeschlafen. Am nächsten Tag die schönen Bilder vom Sund.
Auf dem Weg zum Fangplatz und zurück habe ich täglich ca. 8 Stunden am Ruder gestanden,
meist unter Aufsicht vom Steuermann.
Die Arbeit als Decksmann hat mir viel Spaß gemacht. Ein Privileg hatte ich: brauchte erst zum
Frühstück aufstehen. Die Ankerwache war interessant. Manchmal hatten wir den Fang erst um
Mitternacht untergebracht. Danach 1,5 Stunden schlafen und anschließend 1,5 Stunden Anker-
wache. Schlafen in der Arbeitspause konnte ich wie ein Murmeltier. Ca. 2 Tage hatten wir
Windstärke 7. Da hat der Kapitän M. verfügt:" Du kommst heute nicht an Deck. Ich habe die
Verantwortung für Dich". Mittags hat er mich aber wieder rausgelassen. An diesen Tagen ist
ein dänischer Kollege über Bord gegangen und nicht gefunden worden.
Insgesamt fand ich, dass die Sassnitzer Kapitäne sich über Funk über alles Mögliche unterhal-
ten haben. Wir haben uns an diesen Gesprächen nicht beteiligt, aber die Fangplätze und Fang-
ergebnisse registriert. Gefangen haben wir 33 Tonnen, darunter einige Kisten Kabeljau und
9 Kisten Dornhai. Die prächtigen Makrelen und kleinere Heringe gingen alle über Bord.
Ein für mich interessantes Erlebnis gab es am letzten Fangtag. Wir hatten nach dem letzten
Hol noch jede Menge Hering, aber keine Kapazität mehr. In der Ferne war ein Fischerei-
fahrzeug zu sehen und Kapitän M. nahm Kurs auf dieses Schiff. Es war ein Logger aus Bremen-
Vegesack. Kapitän M. bat um ein paar Fässer und die "Wessis" warfen tatsächlich 6-8 Fässer
über Bord mit der Bemerkung:" Die kriegen wir aber wieder".
Auf der Heimreise überholten wir am 22.8. im Skagerack das Schulschiff der italienischen
Marine "Amerigo Vespucci", das 2019 Teilnehmer der Hansesaile in Rostock war.
Auf der Heimreise wurde auch die Frage diskutiert: "Wie bringe ich die zollfreien Zigaretten
an Land"?. Ein Kollege hatte einen großen Pullover und hatte die Schachteln wie ein Gürtel
um seinen Bauch gelegt. Leibesvisitation machten die Zöllner angeblich nicht. Willi St. hatte
ein ganz sicheres Versteck, hinter einen verkleideten Wassertank in der Kombüse. Als wir
morgens gegen 06 Uhr einliefen, kam der Zoll an Bord und ging zielgerichtet auf dieses
Versteck zu und Willi war seine Zigaretten los. An anderen Stellen haben die Zöllner nicht
gesucht.
Die Reise war für mich bis heute ein einmaliges, interessantes Erlebnis. An Bord herrschte
durchweg eine gute Atmosphäre. Die Mannschaft hat mir dafür, dass ich mich "bewegt" habe
noch 120 Mark gespendet und damit das Verpflegungsgeld erstattet, das ich vorher bezahlen
mußte.
Ich würde gern nochmal so eine Reise mitmachen.
Kapitän M.
Bestmann Willi St.
Heizer Kurt St. und Decksmann Peter W.
Decksmann Erich Sch.
Decksmann Klaus F.
Teambesprechung auf dem Lukendeckel
Alle 8 Fotos sind von Volker Dietze
Foto: Marlis Pallas
Die Schlaghose des Schneidermeisters Groll
Natürlich ging F. auch tanzen und so verbrachte er mit einer hübschen Sassnitzerin im Tanzlokal „Stubnitz“ einen schönen Abend. Selbstverständlich wollte F. mit diesem Mädel auch mal allein sein und so entschied er sich für den Kreidebruch am Wedding. Dort früh um 4 Uhr hatte seine Begleiterin nur Interesse für seine neue „Schlaghose“ von Schneidermeister Groll aus der Hafenstrasse und wollte doch die Hose auch mal anziehen. Diese Schlaghosen aus den Siebzigern waren damals nicht nur der letzte Schrei, sondern waren auch sehr teuer. Die junge Dame konnte doch tatsächlich F. davon überzeugen und er zog die Hose bereitwillig aus. Und was machte unsere Sassnitzerin? Sie zog das teure Teil an und rannte davon. Wer ungefähr weiß, wo der Wedding und wo das Lehrlingsheim des Fischkombinates damals war, kann sich vorstellen, dass es nicht gerade angenehm war im Slip nach Hause zu gehen, zumal es auch kalt war. Natürlich bekam F. die Hose wieder zurück, aber sie fand ein schlimmes Ende, denn als Frank im englischen Kanal auf Fischfang war, hatten sie Gelegenheit, in Plymouth Fußball zu spielen. Dort stand F. im Tor und die Hose ist dabei zerrissen.
Der Eierwurf
v.Fritz Peters
Es gab mal eine Zeit, in der alle einschließlich aller Experten glaubten, dass die Heringe in der Nordsee nie alle werden könnten. In dieser Zeit fuhren wir mit Fischkuttern von Saßnitz im Sommer in die Nordsee, um auf den dortigen Fangplätzen den Hering zu fischen. Der war auf dem „ Fladengrund „ so groß wie Ostseemakrelen und noch viel fetter. Die Anreise ging durch den Öresund am Schloß Hälsingör vorbei ins Kattegat und weiter in die mittlere Nordsee. Auf Schloß Hälsingör soll ja wohl Shakespeare seinen „ Hamlet „ , inspiriert durch dies historische Krönungsgemäuer, geschrieben haben. Es war Sommer und damit eine sturmarme Zeit. Als junger Steuermann mit neu gegründeter Familie hoffte ich schnell durch das oft sturmgebeutelte Kattegat mit seinem hübschen Städtchen Skagen an der Jütlandspitze zum Fangplatz zu kommen.Nicht das ich etwas gegen das Städtchen Skagen gehabt hätte, es ist ein sauberer Ort mit netten Leuten und vielen Wildkaninchen in der Umgebung. Selbst der dortige Zollinspektor war ein freundlicher Mann wenn man ihm heimlich ein kleines Fläschchen in die Tasche schob. Ich musste und wollte aber schnell Geld verdienen. Die anderen Besatzungsmitglieder ( außer dem Kapitän ) hofften das es noch viel Sturm von vorn gäbe und wir vor Erreichen des Skagerraks links um die Ecke rum für ein oder zwei Tage in Skagen einlaufen. Auslandaufenthalte im Westen waren immer beliebt. Alle Besatzungsmitglieder waren von Rügen, auch der neu an Bord gekommene ungelernte Decksmann H. aus einem kleinen Dorf. Es war ein junger Mann mit einer sehr „ einfachen „ Denkweise der bei uns seine erste Fangfahrt antrat. Sie saßen alle bis auf den Maschinisten mit dem Glasauge in der Viermannkammer, die neben der Kombüse gelegen auch als Messe diente und horchten den Neuen aus. An dieser Stelle muß gesagt werden dass H. noch nicht wusste dass der Maschinist ein Glasauge hatte, wie es ja auch für einen Matrosen oder Nautiker nicht erlaubt war. Nun ja, ich hatte im Ruderhaus die Wache und setzte den Kurs von der Insel Anholt zum Feuerschiff Skagen fest. Der Kapitän schlief noch und wollte mich in einer Stunde ablösen. Plötzlich wurde von unten aus der Viermannkammer nach mir gerufen. Ich ermahnte den Rudergänger gut aufzupassen und fegte den Niedergang runter. Da lag H. mit bleichem Gesicht, am Kopf blutend neben der Kombüsentür am Boden. Eine fast leere Kornflasche stand auf dem Tisch. Was war passiert? Der schalkhafte Bestmann hatte den Neuen ausgefragt und so erfahren, dass er in seinem Dorf immer heimlich die Hühnereier austrank. Darauf sagte der Bestmann „ weißt Du auch, dass man mit einem rohen Ei nicht geradeaus werfen kann weil es eiert! „. Sie gaben ihm ein rohes Ei in die Hand, malten neben der Eingangstür einen Kreis an die Wand und forderten ihn auf quer durch den Raum den Kreis zu treffen. H. warf, traf nicht den Kreis, aber den Maschinisten, der gerade reinkam auf die Stirn über dem Glasauge. Der Inhalt des Eies lief nun über das Glasauge nach unten. Daraufhin setzte sich der Maschinist an den Tisch, beugte sich nach vorne und holte mit geübtem Fingerhakengriff das Auge raus so, dass es zwecks Säuberung auf den Tisch fiel. Schreckerstarrt sah H. dies, wurde blass und fiel um. Er schlug dabei mit dem Hinterkopf an die scharfe Heizungsrippe und wurde ohnmächtig oder war er es bereits vorher? Später sagte er, er dachte er hätte dem Maschinisten das Auge ausgeworfen. Die große Platzwunde am Kopf machte es nun doch erforderlich nach Skagen einzulaufen um die Wunde nähen zu lassen. Es gelang mir den Arzt davon zu überzeugen das ich an der Seefahrtsschule eine medizinische Ausbildung hatte die mich zusammen mit dem Kapitän befähigte die Fäden später selbst zu ziehen. Alkoholverbot für die nächste Zeit wurde erteilt.
Wind
von Hans Engel
Der Wind heult und pfeift in der Takelage und stemmt sich gegen den Kutter. Es ist früh und draußen ist es noch dunkel. Ich liege in der Koje des Fischkutters im Hafen und denke, das hört sich mindestens nach Windstärke sieben an. Die Wellen beginnen dann Schaumkronen zu tragen. Wir werden heute nicht auslaufen, das ist kein Wetter zum Fischen. Es wird wieder ein Hafentag werden.
Ich wickele mich fest in die Decke und denke an die Fischer , die bei diesem Wetter draußen sind. Sie werden wohl ihren Kutter in den Wind drehen und das Wetter abreiten. Wer in der Nähe von Bornholm gefischt hat, hält auf Dueodde zu und entscheidet dann, ob er sich Backbord oder Steuerbord davon unter Land legt.
Ich erinnere mich, dass wir einmal bei schlecht Wetter, in der Weihnachtszeit 1952, in Nexö eingelaufen sind. Wir gingen dort getrennt oder zu zweit durch abendliche, hell erleuchteten Straßen. Wir sollten nicht laut reden, hatte unser Schiffsführer uns angewiesen. Es könnte bei den Dänen sonst ungute Erinnerungen an die noch nicht lange zurückliegende deutsche Besatzungszeit hervorrufen.
Mit unserem Geld, so jemand etwas hatte, konnten wir hier nichts kaufen. Mir gefiel ein Finnendolch und ich dachte, dass ich den gut gebrauchen könnte. Es lagen überhaupt viele schöne Dinge in den erleuchteten Schaufenstern. Auch einige, von denen ich nicht einmal wusste, wozu sie zu gebrauchen waren. In der Fischhalle, am nächsten Tag, sah ich angelandeten große Thunfische, die geangelt waren.
Als wir später aus dem hell erleuchteten Dänemark, wieder zurück in Saßnitz waren, kam mir hier alles so furchtbar dunkel vor.
Hier könnte Deine Geschichte steh`n!
Foto:Ullrich Till